Übersetzen.

 

Den inneren Gehalt einer Sprache in eine andere zu übertragen, ist ein Balancegang.
Denn ob wir von sabots, klompen oder Holzschuhen sprechen, ist nicht dasselbe, auch wenn wir den französischen sabot wie den niederländischen klomp mit dem sachlichen deutschen Holzschuh übersetzen.
Die sabots jedoch hängen mit dem uns bekannteren französischen Wort sabotage zusammen. Dieses bedeutet schlicht die Herstellung von Holzschuhen. Dass es darüber hinaus auch Bedeutungen besitzt, die mit stören, ausbremsen, hemmen und beschädigen zu tun haben, lässt einen Sinnzusammenhang deutlich werden, der unserem heimischen Holzschuh nicht eigen ist.
Das Verb saboter bedeutet außer mutwillig beschädigen, sabotieren zum Beispiel auch, einen Pfahl anspitzen, wo er in den Boden eingebracht wird, ihn „beschuhen“ und mit den Holzschuhen klappern, bildhaft: seinen Unwillen kundtun.
Der holländische klomp hingegen, man hört es vielleicht schon, ist ein Verwandter sämtlicher Klumpen und Klöße. Der klomp ist ein „Klumpen“, ein aus einer Substanz heraus verdichteter Gegenstand.
Der deutsche Holzschuh hingegen besagt ganz nüchtern: Ich bin ein Schuh aus Holz.

Drei ganz verschiedene Aspekte derselben Sache werden ursprünglich von den französischen, niederländischen und deutschen Sprachschöpfern erlebt. Übersetzen kann heißen, die Fähigkeit zu besitzen und auszuüben, gewandt von einem zum anderen Aspekt zu springen, gleichsam überzusetzen. Es kann aber auch – und muss in machen Fällen – bedeuten und erfordern, den entscheidenden Aspekt der Ursprungssprache in homöopathischer Form in die Zielsprache mit aufzunehmen.
Und das kann eine Herausforderung sein, immer jedoch hat es einen hohen Reiz. Wenn es gelingt, ist es erfüllend.

 

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